Das Konzentrationslager Osthofen ist 1933 das einzige KZ im Volksstaat Hessen. Ohne jede Anklage oder Beweis werden dort politische Gegner des NS-Staates inhaftiert. SA-Männer sind nun zu „Hilfspolizisten“ ernannt; sie führen zahllose Hausdurchsuchungen durch. Über 20 Mörfelder Kommunisten werden 1933 in das Konzentrationslager Osthofen (bei Worms) verschleppt und sind dort der Willkür durch SS und SA ausgesetzt.
Rechtliche Grundlage für diese Verhaftungen ist die sog. „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“. Diese setzt grundlegende Bürgerrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft: Es gibt nun z. B. keine Meinungs- und Versammlungsfreiheit mehr.
„Wegen meiner bekannten kommunistischen Einstellung (wurde ich) verhaftet…“ sagt der Mörfelder Maurer Wilhelm Völker völlig zu recht. Genau darum geht es.
Die Existenz des KZ Osthofen wird nicht verheimlicht. Die Zeitungen berichten mit zahlreichen Fotos über „verwilderte Marxisten,“ die dort im Lager zu „anständigen Menschen erzogen“ werden. Die Prügelorgien der Wachmannschaften bleiben dabei unerwähnt.
Im Laufe des März/April 1933 werden die ersten Mörfelder in das KZ eingeliefert – z. B. der frühere kommunistische Bürgermeister Georg Zwilling. Zu einer erneuten Verhaftungswelle kommt es am 1. Mai. An diesem Tag findet in Mörfelden erstmals ein großer Aufmarsch unter Führung der NSDAP statt. Schulen und Vereine beteiligen sich daran – unter anderem auch die Freien Turner (Arbeitersportler) – damals in der Hoffnung, als Verein weiter bestehen zu können. Doch einzelne von ihnen werden bereits unterwegs festgenommen – z. B. Heinrich Glotzbach, als er Musikinstrumente aus dem Volkshaus (Bürgerhaus) holt. Auf den Sowjetstern, der plötzlich im Schulhof hängt, reagiert die SA sofort mit weiteren Verhaftungen z. B. im Parteilokal der KPD in der Weingartenstraße.
Die neuen Machthaber setzen die politischen Gegner immer weiter unter Druck. Im September 1933 werden erneut 10-15 Mörfelder nach Osthofen gebracht. Sie werden meist nach einigen Wochen wieder aus dem KZ entlassen, doch es herrscht nun ein permanentes System der Unterdrückung und Angst.
Diese Karte schickt August Gernandt Ende Oktober 1933 aus dem KZ Osthofen an seinen Vater zum 55. Geburtstag. Unterzeichnet ist sie von zwölf Mörfeldern, die gleichzeitig mit ihm dort inhaftiert sind: Wilhelm Scheuermann, Johann (Jean) Rappitong, Heinrich Knodt, „Strupp“ (Georg Arndt), Christian Scherer, Philipp Siegel, Konrad Glotzbach, Michael Denk, Peter Schmitt, Otto Koban und die beiden Brüder Heinrich und Wilhelm Feutner. Sie erzählen alle von der Willkürherrschaft und Brutalität der SA und SS. Im Laufe des November werden sie wieder aus dem KZ Osthofen entlassen.